Über 450 Winzer lockten wieder, zum 26. Mal bisher, im November 2017 private Besucher, Wein-, Foodproduzenten und Journalisten in das Meraner Kurhaus.
Im Zentrum stand natürlich wieder das Weinland Italien mit seinen Weinerzeugern vom Ätna bis fast zum Brenner. Mit derart verschiedenen klimatischen und geologischen Bedingungen für den Weinbau ist Italien sicher einzigartig. Es ist jedesmal faszinierend und bewegend, dies auf dem Festival erleben zu können.
An drei Tagen verkosteten wir über 200 Weine, folgend eine kleine Auswahl an Highlights, Bedenkens- und Bemerkenswertem:
Im Friaul führte uns Adriano Gigante durch eine aufschlussreiche Schiopettino-Vertikale. Gigante ist ein Winzer, der in 3. Generation das 25 ha.-Familienweingut in Corno di Rosazzo leitet. Also mindestens genauso autochthon wie die dort beheimatete rote Rebsorte Schiopettino. Moderater, auf den Charakter der Rebsorte achtender 14-monatiger Ausbau in Barriques und Tonneaux. Los ging es mit 2012, geprägt von Kirschen, dunkler Schokolade und noch recht präsentem, aber nicht störendem Tannin. 2011 präsentierte sich eine Spur weicher, der 2010er zeigte schön den herberen Charakter des etwas kühleren Jahrgangs. Alles sehr ausgewogen beim 2009er, zum Schluss ein 2005er, ein schmackhafter Beweis für das mittlere Alterungspotenzial dieses Weins. Tradition, richtig verstanden, die auch gut schmeckt.
Ganz anderer Stil dagegen bei Moschioni: Dessen Schiopettino 2011 zeigte eine offen-oxidative Stilistik, bei den üppigen Fruchtwellen denkt man an Kirschlikör.
Felsina Colonia – Chianti Classico Gran Selezione: Eine genussvolle Herausforderung auch für den verwöhnten Chianti-Gaumen. Warum Herausforderung? Weniger wegen der konsequenten 100 % Sangiovese, sondern weil einen hier eine in der Toskana wohl einmalige Mineralität in den Bann zieht.
Dieses Projekt verfolgen die Felsina-Leute seit über drei Generationen. Ein vollkommen neu angelegter Weinberg. Harte Arbeit. Felseinbrüche in den 80er Jahren brachten das Projekt fast zum Scheitern. Andere Böden als sonst im Chiantiland, rötlich-braun, reich an Magnesium und Eisen auf einem Felsblock von Kalkstein und Kalkmergel.
2006 der erste Jahrgang. Weiter ging es mit 2007, 2009 und 2010 zum bis dato jüngsten Jahrgang 2011, der die Filigranität wie bei 2007 mit der Power aus 2009 im Sinne einer Quintessenz vereinigen konnte.
Ein bisschen verrückt mussten die Felsina-Leute schon gewesen sein, als ob dort nicht schon genug tolle Weine gibt. Aber manchmal braucht es halt diese verrückten Ideen in der Weinwelt, um neue Horizonte zu öffnen.
Ach weil wir gerade beim Thema Toskana sind: es gab natürlich jede Menge Supertuscans, Chiantis, Brunellos, Nobiles und Bolgheri-Weine. Dort ist sogar 2014 ganz ordentlich ausgefallen. Ansonsten etwas schwächer ausgefallen, sozusagen eine kleine Delle bei seit 2004 durchgehend bis jetzt guten bis exzellenten Jahrgängen.
Ein Top-Wein z.B. der Duemani 2014, 100 % Cabernet Franc. Einfach köstlich, aber auch Spitze im Preis.
Weiter ging es mit Monteverro. Das 2003 vom Münchener Georg Weber gegründete Weingut bei Grossetto will zur Weltspitze gehören. Tut es nach Meinung mancher Kritiker und Fans auch. Das Spitzenprodukt, der Monteverro Rosso, eine Bordeaux-Cuvée hat mit seinen seidigen, geschliffenen Tannine und seiner satten Cassis-Kirschfrucht absolut hedonistische Züge. Sehr international eben.
Regionale Erkennbarkeit. kann man dem 2015 Palazzi von Trinoro auf alle Fälle attestieren. Zwar 100 % Merlot, aber diese Würze in der schwarzbeerigen Frucht wirkt toskanisch und macht den Wein etwas rauer und aufregender. Er erhielt die höchste Auszeichnung des Festivals. Andrea Franchetti macht auch noch einen anderen Paradewein, den Trinoro di Trinoro, vorgestellt wurden der Jahrgang 1998 und jüngere Jahrgänge. Eine von Cabernet Franc dominierte Cuvée, sehr toskanisch, man denkt nicht einmal an St.Emilion. Intensiv, komplex und sinnlich zugleich.
Einen super Eindruck hinterließ 2001 Schreckbichl Cabernet Sauvignon Lafoa. Mal ein Südtiroler Roter, der richtig gut gereift ist. Ist eben auch der Top-Rotwein von Schreckbichl und stets einer der besten aus Südtirol. Hoffentlich muss der 2001er Gruaud Larose gegen den nicht mal bei einer direkten Jahrgangs-Verkostung antreten. Selbst als eingefleischter Bordeaux-Fan machte der wenig Spaß. Die Frucht trocknet aus, der hier ganz typische „Cordier“-Stinker dominiert leider…
Überhaupt Bordeaux. Wie jedes Jahr präsentierte sich die Union des Grands Crus im eleganten Pavillon des Fleurs. In früheren Jahren füllten die Bordelaiser Winzer noch alle Tische im eleganten Spiegelsaal, dieses Mal gerade noch die Hälfte. Positiv überraschte La Cabanne aus Pomerol mit dem 2010er. Schöne, dunkle Merlotfrucht, seidiges Finish. Eine tolle Zukunft dürfte der 2015 Château La Croix de Gay haben. Auch ein paar 2014er überzeugten, wie Sirene de Giscours und Talbot. Vertreten war auch Lagrange mit einem eleganten, trinkreifen 2008er und einem gewaltigen, super-konzentrierten 2015er. Aus Pauillac war diesmal kein einziges Gut angereist. Schon schade.
Eigentlich fast interessanter als die Bordeaux war die Begegnung mit Weinen aus Istrien. Dieses kleine Weinbaugebiet war dieses Jahr ein Sonderthema im Kurhaus. Als erstes wäre hier der Betrieb Roxanich zu nennen, die sich vor allem auf „Orange Wine“ konzentrieren. Das ganze wird hier jedoch nicht zu extrem betrieben, die Weine können einem auch schmecken, wenn Mann/Frau kein „Orange-Fanatiker“ ist . Das gilt sogar für den Malvazia „Antica“ 2010. „Orange“ ist hier kein Selbstzweck, am wichtigsten ist dem Winzer eine lange Reifung der Weine. Vergoren wird hier weiß wie rot auf der Schale. Deutlich weniger oxidative Töne und mehr Frucht als bei anderen Naturweinen, die mir schon begegnet sind .Bei den Roten gab es eine irre Mischung aus Malvasia Nera, Barbera, Cabernet Franc, Syrah, Lambrusco, Borgonja beim 2008er Ines e cverom. Mal was anderes, was auch toll schmeckt.
Deutlich konventioneller geht es bei Degrassi zu. Auch von dort kommt eine Cuvée mit 7 Rebsorten, angeführt von Cabernet Sauvignon, der 2009er Terre bianche Cuvée rouge. Ein Rotwein, der sein Terroir (kalkhaltige weiße Erde) gut wiederspiegelt. Der 2016 er Malvazija aus dem Stahl ist ganz klassisch, Akazie in der Nase und viel Birne am Gaumen.
Piemont
Für mich wieder mal ganz vorne dabei: Elio Grasso, 2013 Barolo Casa Mate Ginestra. Zeigt, wie filigran Nebbiolo-Power in die Flasche gezaubert werden kann. Und in 10+ x Jahren kommt da noch mehr.
Spektakulär auch der Barolo Ornato 2004 von Pio Cesare, beinahe endlos lang und mit weicheren Tanninen als vom Jahrgang zu erwarten. Absolut überzeugend die Weine von Domenico Clerico, der leider 2017 verstarb. Ein Basis-Barolo wie sein 2014er gelingt nur wenigen. Die Cru-Lagen Pajana und Ciabot Mentin Ginestra, diesmal aus 2012 gehören immer zur Spitze. Beinahe auf Augenhöhe beinahe der Barolo 2011 Pressenda von Abbona, dem vielleicht noch ein bisschen das „Feintuning“ fehlt.
Italien braucht sich auch bezüglich der schäumenden Abteilung nicht verstecken. Immer Top, auch im internationalen Vergleich ist Ca del Bosco aus der DOCG Franciacorta, ein Gebiet, der Vergleich sei gestattet, das man durchaus als die Champagne Italiens bezeichnen kann. Wer dort das Spitzengewächs, die Cuvée Annamaria Clementi verkosten will, es gab den aktuellen 2008er, sollte das nicht für den Schluß des Besuches planen, da stehen dann nämlich nur noch jede Menge leere Flaschen am Stand….angesichts der zart perlenden Mousse und dem geradezu betörenden nussig-fruchtigen Gaumeneindruck kein Wunder !
So das war jetzt eine kleine Auswahl von über 200 an 3 Tagen verkosteten Weinen.
Wie jedes Jahr, lud die Gourmet Area zu einer kurzen Weinpause ein, es gab wieder einige Köstlichkeiten zu probiere, Fischprodukte, Käse, Schinken und feine Trüffelspezialitäten
Festivalpräsident Helmuth Köcher ist jetzt als Wine Hunter unterwegs. Die Weine werden jetzt nicht mit dem Namen des Festivals prämiert(25 erhielten den Platin-Award) sondern mit dem „persönlichen“ Wine Hunter Label. Auch die Verwendung des neuen Logos „Wine Hunter“ auf dem Festival ist schon recht auffällig.